Montag, 10. Dezember 2012



Die vergange Woche stand, wie angekündigt, ganz im Zeichen des Midterm-Seminars, welches auf einer abgelegenen Hacienda stattfand. Niemand war so richtig begeistert, da es ziemlich kalt war, Strom nur wenig vorhanden war (2 Solarpanelen sind einfach nicht genug), das Essen wenig war und vor allem kein Internet verfügbar war. Dazu kam der zum Hauptthema erklärte erzwungene Wechsel, der die sonnenverwöhnten Freiwilligen nicht wirklich motivierte. Das Seminar hätte also nicht schlechter anfangen können und es hörte auch nicht auf. Der erste Kritikpunkt war von vorneherein klar: Warum ein Midterm-Seminar schon im Dezember, nach gerade mal 3 Monaten? Klar, der Wechsel, aber das hätte man ja auch auf einem gesonderten Seminar machen können. Doof war auch, dass die Informationen nicht neu waren und wir die Themen die angesprochen wurden (ausgenommen der Wechsel) schon in Deutschland durchgenommen haben. Sowas wie: Was sind die Unterschiede zwischen Deutschland und Mexiko? Was willst du für Projekte verwirklichen? Was bedeutet für dich der Kulturschock? Das sind alles sehr anstrengende Fragen und haben einfach nicht in die Situation und auf das Seminar gepasst. Niemand wusste so recht wie sein neues Projekt wird, hatte mit dem alten schon abgeschlossen und konnte nun wirklich noch nicht groß beschreiben, wie er seine Ideen im neuen Projekt nach dem Wechsel verwirklich konnte. Das Seminar endete wie geplant Samstag, leider mit 5 Lebensmittelvergiftungen. Nun aber genug von den Kritikpunkten, denn es gab auch sehr schöne Aspekte des Seminars. Man hatte einfach mal Ruhe ohne den Alltagsstress und es war schön, mal wieder alle Freiwilligen zu sehen, Erfahrungen und Geschichten auszutauschen. Außerdem war es auch mal warm, wenn die Sonne aufgegangen war. Die Highlights waren aber das allabendliche Feuer und vor allem ein Haufen von um die 8 Hundewelpen, die waren echt süß. Leider hab ich mich ein wenig erkältet und jetzt ein bisschen Husten, aber immerhin besser als eine Lebensmittelvergiftung.
Vormittags
Aaron, Marius und ihr Baby


Am Samstagabend durften wir noch bei Javier (ein Student der bei vive México arbeitet und auch auf dem Seminar war) Zwischenstopp machen und mit ihm auf eine Studentenparty gehen. Hier betrinkt man sich an den Wochenende vor Weihnachten wohl gerne. Die Feier war aber nicht so spektakulär und wir sind recht früh gegangen.

Leider endete das Wochenende ziemlich traurig. Als wir ankamen berichtete und unsere Gastmutter, das Yuri sich Sonntagmorgen in ihrem Zimmer erhängt hat. Sie ist die Enkelin von unseren Gasteltern und noch schlimmer, eine gute Freundin von uns gewesen. Wir hatten schon ein paar Ausflüge mit ihr gemacht, waren zusammen mit ihr auf der Hochzeit und wollten eigentlich noch einige Sachen unternehmen. Sie auch immer so fröhlich und glücklich und niemand weiß, warum sie sich das Leben genommen hat. Viel schlimmer ist es aber für die Familie. Ihre beiden Brüder (auch schon Studenten) sind super nett und wir haben uns ziemlich gut mit ihnen verstanden und jetzt mussten wir vor sie treten und sie in den Arm nehmen, weil ihre Schwester tot ist.

Yuri mit Rose
 
Noch vor einer Woche am Sonntag, saßen wir bei der Familie im Haus, mit allen Cousins, Tanten und Onkels, haben fröhlich Vögelchen gegessen und gelacht. Gestern saßen wir still im Hof, überall Stühle damit das Dorf vorbeikommen kann und mit die Familie begleiten kann. Die Nachbarn schenken Tee und Kaffee, gelegentlich auch Tequila aus. Auf der Straße sind überall Leute mit starren Mienen, es wird über den Grund getuschelt und ab und zu quäkt ein Kind. In einen Nebenzimmer liegen die Brüder mit ihrer Mutter auf dem Bett und starren gegen die Wand, der Vater versucht sich abzulenken und rennt überall rum – so richtig wissen, was er machen soll, tut er aber auch nicht. Unsere Gastschwester liegt eine Reihe hinter uns ihrer Mutter in den Armen und kämpft gegen die Tränen an, die Sonnenbrille hat sie schon länger abgesetzt.
mit Yuri im Innenhof
Aaron und ich brauchen viel Mut zum aufgebarten Leichnam zu gehen. Man sieht nur ein Teil des Gesichts und die gefalteten Hände (niemand will die Spuren sehen, die von 4 Minuten qualvollem Tod stammen). Man kann die Situation immer noch nicht fassen, der Boden schwankt und man konnte nicht mal einen Gedanken für ein Gebet fassen. Also standen wir nur da und schauten uns die Person an, die dort in dem weißen Sarg lag und versuchten jede Einzelheit, vom goldenen Diadem, bis zu den Stoffsternen auf der grünen Seidendecke, um es nie wieder zu vergessen. Dass die Person Yuri ist, kann man immer noch nicht fassen.


Ich hoffe, sie hat ihr Glück gefunden.




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